Neue Recherche zeigt viele Schlupflöcher für Patente auf Pflanzen

10. April 2017 / Patentansprüche, in denen Weizen, Mehl und Brot sowie Tomaten, Salate und
Gurken als Erfindung der Industrie beansprucht werden: Dies sind nur einige Beispiele für
Patente, die im Jahr 2016 eingereicht wurden. Die Patente beruhen auf konventioneller
Züchtung ohne den Gebrauch von Gentechnik. Obwohl die Institutionen der EU gemeinsam
erklärt haben, dass Patente auf konventionelle Züchtung von Pflanzen und Tieren gestoppt
werden sollen, werden offenbar immer mehr solcher Patentanträge für Europa eingereicht.
Wenn die Politik jetzt nicht einschreitet, haben viele von ihnen gute Aussichten, vom
Europäischen Patentamt (EPA) auch erteilt zu werden.

Eine Recherche der Initiative „Keine Patente auf Saatgut!“ zeigt, dass 2016 rund 60 Patente, die bei
der Weltpatentbehörde (WIPO) in Genf einreicht wurden, konventionell gezüchtete Pflanzen
betreffen. Weitere 50 Anmeldungen betreffen sowohl konventionelle Züchtung als auch Gentechnik.
Zusammen machen diese Patente rund 30 Prozent aller Anmeldungen im Bereich Pflanzen aus.
Insgesamt wurden rund 340 Anmeldungen auf Pflanzen recherchiert. Die meisten dieser Patente
werden auch am EPA geprüft.
“Konzerne wie Monsanto, Bayer, DuPont, Dow AgroSciences und Syngenta melden in Europa
mehr und mehr Patente auf konventionelle Pflanzenzucht an. Diese Firmen vergeuden hier nicht
einfach Zeit und Geld. Sie erwarten, dass die meisten der Patente auch erteilt werden“, sagt Ruth
Tippe, die die Recherche für ‚Keine Patente auf Saatgut!‘ gemacht hatte.
Die Firmen mit den meisten Patentanmeldungen sind DuPont (38 Anmeldungen), Monsanto (22),
Dow AgroSciences (16), Bayer (14) und Syngenta (7). So wie die neuen Patentanträge formuliert
sind, können sie weitreichende Auswirkungen haben. Die Firmen melden zunehmend Patente auf
genetische Merkmale an, die sie beispielsweise bei der Untersuchung natürlicher Populationen
entdeckt haben. Wenn diese Patente erteilt werden, erstrecken sie sich auf alle Pflanzen mit diesen
Merkmalen, unabhängig davon, wie diese gezüchtet werden.
Unter den Anträgen finden sich auch Patente auf Weizen, Mehl und daraus hergestellte
Lebensmittel. Diese Patente wurden von der US-Firma Arcadia BioSciences angemeldet, die auch
mit Konzernen wie Dow AgroSciences zusammenarbeitet. Die Firmen beanspruchen zufällige
Mutationen und genetische Varianten im Erbgut von Weizen. Diese sollen helfen, die Haltbarkeit
von Weizenkörnern, Mehl und Brot zu verbessern. Arcadia beansprucht alle Weizenpflanzen mit
derartigem Erbgut, sowie die daraus hergestellten Lebensmittel. Die Firma hat gute Chancen, dass
diese Patente auch erteilt werden. 2016 hat das EPA ähnliche Patente für die Brauereikonzerne
Carlsberg & Heineken erteilt, die auf zufälligen Mutationen der Gerste beruhen und auch das
Brauen und das so hergestellte Bier betreffen.
„Es zeigt sich immer deutlicher, dass die Patente von Carlsberg und Heineken wichtige
Präzedenzfälle sind. Nur wenn die Politik dafür sorgt, dass Patente wie die auf Gerste in Zukunft
nicht mehr erteilt werden, wird auch ein großer Teil der aktuellen Patentanträge scheitern“, sagt
Christoph Then, Sprecher von „Keine Patente auf Saatgut!“. „Andernfalls wird der Ausverkauf
unserer Ernährungsgrundlagen mit aktiver Unterstützung des EPA fortgesetzt.“
Tatsächlich hat sich bei weiteren Recherchen gezeigt, dass die Prüfer des EPA die Firmen beraten,
wie Patentanträge formuliert werden müssen, damit diese auch in Zukunft weitere Monopole auf
konventionell gezüchtete Nahrungspflanzen erhalten.
„Keine Patente auf Saatgut!“ fordert, dass die Vertragsstaaten des EPA bei ihrer nächsten Sitzung im
Juni die Weichen für lückenlose Verbote im Bereich der konventionellen Züchtung stellen. Ein
Vorschlag mit entsprechenden Formulierungen wurde dem Ausschuss Patentrecht des EPA
übermittelt. Dieser tagt Ende April und will über die zukünftige Auslegung der bestehenden Verbote
diskutieren. Bei der Sitzung sind auch die Industrie und die Lobby der Patentanwälte als Beobachter
zugelassen. „Keine Patente auf Saatgut!“ fordert deswegen ebenfalls Zugang zu dieser Sitzung.
Kontakte:
Christoph Then, Sprecher für „Keine Patente auf Saatgut!“, Tel +49 (0) 151 54638040,
info@no-patents-on-seeds.org
Ruth Tippe, Recherche für „Keine Patente auf Saatgut!“, Tel + 49 (0) 173 1543409,
rtippe@keinpatent.de
Johanna Eckhardt, Projektkoordination, Tel + 43 680 2126 343,
johanna.eckhardt@no-patents-on-seeds.org
Weitere Informationen:
Der Bericht über neue Patentanmeldungen:
http://no-patents-on-seeds.org/en/information/background/patent-applications-2016
Aktion gegen die Patente von Carlsberg: www.no-patents-on-beer.org/de/
Zusätzliche Informationen: www.no-patents-on-seeds.org.

Keine Patente auf Brot und Bier!